Sehr lange habe ich überlegt, ob ich die Inhalte dieses Blogartikels öffentlich machen soll. Selten war ich so zwiegespalten was meine kreative Fotografie betrifft. Von einem überwältigen Gefühl des Stolzes und Anerkennung bis hin zu maßloser Enttäuschung ist alles dabei gewesen. Aber worum geht es denn überhaupt genau?
Alles begann damit, als ich Anfang Januar 2025 eine Mail mit einem polnischen Absender auf Englisch erhielt. “Das ist ja nur Spam. Da will mich doch jemand verarschen.“ Das waren meine ersten Gedanken. Der Inhalt der Mail ist schnell erklärt. Der polnische Absender stellte sich als Mitarbeiter des polnischen Verlages "Filia" heraus, welcher „mein Bild“ im Internet fand und es als perfekt für das nächste Buchprojekt des populärsten polnischen Krimiautoren, Remigiusz Mroz, befand. “Alles klar. Träumt weiter.“ Ich musste erstmal googeln, wer denn dieser sogenannte Bestseller Remigiusz Mroz ist bzw. ob es ihn wirklich gibt. Und siehe da: alles kein Fake. Alles echt!
Ich schrieb umgehend zurück, dass natürlich die Chance bestehe „mein Bild“ zu verwenden. Auf Rückfrage seitens des Mitarbeiters bezüglich einer Preisvorstellung für „mein Bild“ hatte ich überhaupt keine Preisvorstellungen und sagte, dass der Verlag doch bitte einen Vorschlag machen soll. Ein Fehler? Im weiteren Kommunikationsverlauf mit dem Mitarbeiter und dem Suchen des Bildes auf meinem Rechners kam Ernüchterung auf. „Mein Bild“ war nicht mein Bild! Ich hatte ein nahezu identisches Bild gemacht, aber nicht das, was ich als Vorlage per Mail erhielt. Wie konnte es also sein, dass sie mich als Urheber des Bildes ausfindig gemacht haben?

Das Bild, mit welchem der Mitarbeiter mich kontaktierte.

Mein Bild im Original
Ich fragte nach. Der Mitarbeiter konnte sich nicht mehr erinnern, er habe stundenlang im Internet gesucht und schließlich „mein Bild“ gefunden. Ich musste ihn leider enttäuschen, dass ich dieses Bild nicht gemacht habe. Dadurch zerschlug sich bei mir eigentlich schon der Gedanke an einer etwaigen Veröffentlichung mit "meinem Bild". Allerdings schickte ich ihm ein ähnliches Bild, welches auch wirklich mein Bild war, und fragte, ob sie dieses nicht auch verwenden könnten. Ich machte auch direkt Vorschläge: Bild spiegeln und so croppen, dass nur die eine Person zu sehen sei. Das Bild würde dem eigentlichen Bild doch sehr ähneln.
Mittlerweile hatte der Verlag einen gehörigen zeitlichen Druck, denn das Buch sollte Ende Januar bereits gedruckt in den Läden liegen und die Deadline war schon fast erreicht. Letztlich waren sie aber gezwungen „mein Bild“ zu nehmen, denn Zeit sich auf der Suche nach dem eigentlichen Urheber des Bildes zu machen, hatten sie nicht. Ich schickte Ihnen also mein Bild mit großer Auflösung und erlaubte ihnen dies zu bearbeiten.
In der Zwischenzeit argumentierten wir hin und her, was das Honorar betrifft. Der Mitarbeiter bot mir 500 Euro an. Ich hingegen fühlte mich irgendwie billig abgespeist, da es sich hier ja nun mal um den erfolgreichsten polnischen Krimiautor handelt, welcher Millionen Bücher verkauft hat. Und genauso schrieb ich es auch zurück. Außerdem forderte ich im Buch den Vermerk, dass das Cover von mir kommt inklusive Vermerk meiner Internetseite sowie mindestens ein Belegexemplar nach Erscheinen des Buches. Sollte das Buch eventuell auch in Zukunft auf Deutsch erscheinen?
In der Zwischenzeit telefonierte ich auch mit Guido Klumpe, denn ich wusste, dass Guido auch schon mal eines seiner Bilder als Cover für ein Buch verkaufte. Bei dem Buch war der Verlag wesentlich kleiner und die Auflage auch sehr sehr klein. Dennoch wusste ich nach dem Gespräch mit Guido, dass da noch mehr möglich sein muss. Versteht mich nicht falsch: ich war nicht auf den höchstmöglichen Profit aus, sondern empfand das Angebot im Verhältnis zu den Superlativen, die der Mitarbeiter mir über den Autor erzählte und ja auch stimmten, doch etwas gering. Natürlich hätte ich mich mit den 500 Euro auch zufrieden gegeben, aber ich versuchte zu verhandeln.
Der Mitarbeiter entgegnete, dass es richtig sei, dass Remigiusz Mroz ein Millionenbeststeller ist, jedoch veröffentlicht er 6-8 Bücher pro Jahr (“Wie bitte?“) und das auch bei zwei verschiedenen Verlagen. Außerdem ist er mit seinem Namen und seinen Büchern schon seit 15 Jahren auf dem Markt. Okay das ist durchaus ein Argument dachte ich. Somit war das Buch nicht ein von seiner Fangemeinde sehnsüchtig erwartetes. Dies schmälerte natürlich meine Erfolgschancen bezüglich eines höheren Honorars. Nichtsdestotrotz bot der Mitarbeiter mir die doppelte Summe an und sicherte mir natürlich den Vermerk meines Namens im Buch und mindestens ein Belegexemplar zu. Hat sich meine Hartnäckigkeit und mein Bauchgefühl doch gelohnt. Ob das Buch auch auf Deutsch erscheinen wird, konnte mir der Mitarbeiter nicht sagen, da alle Rechte beim Autor liegen.
Einige Tage später erhielt ich dann das Endresultat „meines Bildes“. Und was soll ich sagen, genau jetzt schwang das Gefühl von Anerkennung und Stolz in Enttäuschung um. „Mein Bild“ war nicht mehr mein Bild. Wenn der Verlag das Bild so wollte, konnte ich wenig machen, außer einen totalen Rückzug in dieser Angelegenheit. Ich lies es enttäuscht so stehen. Es wäre wohl sehr viel Arbeit gewesen, den Mann in Photoshop so in das Bild zu setzen. Ihnen gefiel die Haltung des Mannes auf meinem Bild nicht. Ja nun das ist aber nicht das Konzept der Straßenfotografie. Man bekommt was sich einem bietet und kreiert sich nicht das, was man gerne hätte. Übrigens: Hätten sie das Bild nicht einfach mit KI generieren können?
Abschließend klärten wir die letzten Details bezüglich des Honorars. Ich musste noch etwas unterschreiben, die Steuern mussten noch besprochen werden und ab dann hieß es warten. Schließlich erhielt ich zunächst drei Belegexemplare per Post. Natürlich war es schön zu sehen an so einem Prozess mitwirken zu können, jedoch war „mein Bild“ einfach nicht mein Bild. Deshalb habe ich mir das Buchcover bis zu diesem Blogartikel auch nie wieder angeschaut. Die Bücher liegen seitdem in der Versandtasche auf dem Schrank.

Das fertige Buchcover
Nach dem Erhalt des Geldes hatte ich ein letztes Mal Kontakt mit dem Mitarbeiter des Verlages. Ich bedankte mich für die immer freundliche und offene Kommunikation, welche es wirklich war, und bot an in Zukunft nochmals helfen zu wollen, falls der Verlag für andere Projekte ein weiteres Bild von mir benötigt. Wenn dies wirklich zu Stande kommen sollte, dann wirklich nur, wenn mein Bild auch mein Bild bleibt!

