Vom 02.10.2020 bis 03.10.2020 war ich gemeinsam mit meinem Fotografiekollegen Dennis Gloth vom Bremen Street Collective für eine Nacht in Berlin. Wir hatten uns ein nettes kleines und günstiges Hotel, nur zwei Stationen mit der Tram vom Hauptbahnhof aus, vorab ausgesucht und wollten soviel wie möglich auf der Straße sein.
Wir kamen etwa um 16:30 Uhr am Freitag Nachmittag an und entschieden uns zunächst die wenigen Sachen, die wir für die eine Nacht mitgebracht hatten, am Hotel abzuliefern und dort einzuchecken. Anschließend machten wir uns direkt auf den Weg. Da die Sonne nicht schien, entschieden wir uns zur East Side Gallery zu fahren. Dennis wollte dort gerne ein paar Fotos machen und ich schloss mich ihm an. Dort angekommen bemerkten wir nur wenige Touristen (kein Wunder in Zeiten von Corona), wenn man bedenkt, dass am Folgetag die Deutsche Einheit für 30 Jahre gefeiert wurde. An der East Side Gallery machten wir einige Shots und schossen uns für die bevorstehende Zeit in Berlin warm. Dabei entstand auch schon direkt eines meiner Lieblingsbilder des gesamten Trips (siehe rechts).
Nach einer kurzen Stärkung war es auch schon am Dämmern. Wir nahmen die S-Bahn und fuhren Richtung Kurfürstendamm. Der Grund für eine Fahrt dorthin war folgender: Im Oktober findet die "European Month of Photography" in Berlin statt. Auf Grund von Corona werden keine Ausstellungen in Museen oder an anderen Orten im Inneren stattfinden. Die Organisatoren entschlossen sich die Bilder auf die Straße zu tragen und somit für jeden zugänglich zu machen. An der alten Verkehrswache wurde ein Projektor so angebracht, dass die Gewinnerfotos des Wettbewerbs "Street Projections" auf den Gehweg projiziert werden. Eine tolle Idee. Auf dem Weg dorthin entstanden folgende Bilder aus der U-Bahn bzw. an U-Bahn Stationen.
Zum Abschluss begaben wir uns noch zum Potsdamer Platz, um auf dem Vorplatz einige Bilder zu machen. Dies waren mehr oder weniger meine ersten bewussten Nachtfotos in der Street Photography und ich war völlig begeistert. Der einzige Grund warum ich mich nun auf die dunkle Jahreszeit freue, ist der, dass ich nun mehr Gelegenheiten bekomme im Dunkeln zu fotografieren.
Am Folgetag begannen wir unseren Tag am Nordbahnhof und fuhren nach Charlottenburg. Dort wurden großformatige Bilder von Martin U Waltz an den Wänden aufgehangen, sowie drei Littfasssäulen mit Fotos von sechs verschiedenen Streetfotografen (u.a. Marco Larousse, Siegfried Hansen oder Heike Frielingsdorf) aufgestellt. Anschließend begaben wir uns wieder Richtung Hauptbahnhof, denn unser Fotowalk sollte dort starten. Wir hatten Glück, denn die Sonne schien wunderbar in den Hauptbahnhof hinein. Es entstanden Lichtkegel auf verschiedenen Ebenen des großen Hauptbahnhofes. Eine exzellente Gelegenheit für gute Bilder.
Wir gingen vom Hauptbahnhof ins Regierungsviertel, denn wir wollten unbedingt Fotos vom großen Fenster des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses machen und hatten Erfolg.
Von dort gingen wir Richtung Brandenburger Tor und ich versuchte mich ein wenig an Fotos von Menschen, denen ich im Vorbeigehen sehr nahe komme. Meine Erfahrungen von den Trips in Brixen und in Hannover lehrten mir, dass ein manueller Zonenfokus die beste Wahl hierfür ist. Die Zone wurde auf ca. 1,2m-2m eingestellt, die Kamera so unauffällig wie möglich vor die Brust bzw. an die Schulter gehalten und so ging ich durch die Menschenmenge.
Am Holocaust-Mahnmal wollten irgendwie keine zufriedenstellenden Bilder entstehen. Anschließend mussten wir uns mit einer dicken Pizza in einer kleinen Pizzeria für den Rest des Tages stärken.
Am Alexanderplatz fand eine kleine Demo von Befürwortern für die DDR statt, bei der interessante Bilder entstanden.
Von dort machten wir uns bei mittlerweile 22 Grad auf dem Weg in das Museumsviertel. Ich hatte überhaupt keine Erwartungen daran. Meine Vermutung war lediglich, dass eventuell bei dem Sonnenschein in Verbindung mit den Museumsgebäuden interessante Motive auf uns lauerten. Ich hatte Recht! An der James-Simon-Galerie war zur Seite der Spree ein großes Fenster, an der ein Paar nach draußen schaute. Ein paar Meter weiter saßen zwei Frauen auf einer Treppe an der weißen Wand. Ich holte schnell mein 55-200mm Objektiv heraus, welches ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht genutzt hatte, und hielt den entscheidenden Moment fest. Ich liebe diese Art von minimalistischen Bildern in Schwarz-weiß. Beides sind eines meiner Lieblingsbilder des gesamten Trips nach Berlin.
Vom Museumsviertel aus gingen wir wieder zurück in Richtung des Regierungsviertels. Wir gönnten uns zwischenzeitlich ein Bier und ein Radler in der Sonne. Plötzlich hatten wir nur noch zwei Stunden Zeit bis unser Zug wieder in Richtung Heimat fuhr. Im Regierungsviertel angekommen konnten wir leider keine Sonne mehr genießen, da sie zwischenzeitlich hinter den Wolken (die ersten des Tages) verschwand. An einem Aufgang zur Brücke im Regierungsviertel gelang mir aber noch der rechts stehende Shot. Geplant war eigentlich, dass uns Menschen entgegen kommen und in den Ecken die Treppe nahmen, um eine Silhouette im Gegenlicht zu produzieren. Wir warteten aber bereits mindestens 15 Minuten und mehr Zeit war nicht drin, da unser Zug auf uns wartete und wir noch Verpflegung am Bahnhof benötigten. So kam "nur" dieses Foto zu stände, welches ich trotzdem gelungen finde.
Am Hauptbahnhof angekommen holten wir uns eine Stärkung für den Zug und waren heilfroh längere Zeit sitzen zu können. Wir hatten am Tag etwas mehr als 16 Kilometer zu Fuß in Berlin abgegrast. Alles in allem war es ein sehr gelungener Trip, der mächtig Spaß gemacht hat und vor allem das Interesse an Berlin weiter geweckt hat. Auch wenn mich die Größe der Stadt jedes Mal erschlägt, freue ich mich schon auf zukünftige Besuche. Berlin ist für die Street Photography ein gefundenes Fressen und bietet unendlich viele Möglichkeiten.
Über unseren Aufenthalt in Berlin habe ich ein kleines Video angefertigt, welches ihr hier sehen könnt. Darin sind viele Bilder enthalten, die in diesem Bericht nicht vorkommen. Auch mein Kollege Dennis Gloth hat ein kleines Video verfasst, welches ihr hier sehen könnt.