Gesichter - Farbe - Licht und Schatten - Urban Stuff
Meine Frau und ich waren im August für 10 Tage in Südtirol in Italien. Unser Hotel war etwa 25 Fahrminuten den Berg herunter von Brixen entfernt. Diese kleine Stadt mit nicht einmal 40000 Einwohnern hat mich fotografisch so in den Bann gezogen, dass ich gleich dreimal zu verschiedenen Uhrzeiten für etwa zwei Stunden dort fotografierte. Einmal war ich am Vormittag in der Stadt, einmal am Nachmittag und einmal am frühen Abend. Die kleinen Gassen, die farbigen Häuser, der Marktplatz, der Brixner Dom, der ganze Flair dieser kleinen Stadt hat mich richtig fasziniert. Ich habe viele Fotos gemacht und bin an den drei Tagen immer mal wieder an die gleichen Plätze zurückgekehrt. 
Ich möchte meinen Bericht diesmal in vier Kategorien aufteilen. Jede Kategorie steht für bestimmte Art von Fotos, die ich in dieser Stadt gemacht habe. Denn ich habe mich nicht nur auf meinen "Standard" ausgeruht, sondern ich wollte mich fotografisch fordern und ausprobieren.
Gesichter
Meine wohl größte Herausforderung, die ich mir vorgenommen habe, war es, die Gesichter der Menschen zu fotografieren. Dieses Mal wollte ich näher ran, die Person sollte bestenfalls fast den ganzen Bildbereich ausfüllen und wenn möglich interessante Mimiken oder Gestiken zeigen und eine Emotion transportieren. Dies habe ich mich bis hierhin nur begrenzt zugetraut. Ich habe immer noch große Hemmungen davor den Menschen "ins Gesicht zu schießen". Deshalb behalf ich mich damit, dass ich nicht durch den Viewfinder schaute, sondern die Menschen aus der Hüfte, aus Brusthöhe oder aus Schulterhöhe im Vorbeigehen fotografierte. Ich stellte meine Fuji so ein, dass ich auf Zonen-Autofokus fotografierte. Je nach Sonneneinstrahlung stand meine Blende auf F4-F8. Ich schoss nie unter einer Belichtungszeit von 1/200. Meine ISO war auf Auto gestellt. Damit versuchte ich mich erstmal. Es war zunächst etwas schwierig genau abzuschätzen wann der richtige Zeitpunkt war, dass ich abdrücken musste, um nah genug dran zu sein. Dieses Gefühl schlich sich relativ schnell ein. Hier zunächst einige Beispielbilder:
Ich muss zugeben, dass diese Bilder natürlich in der Nachbearbeitung noch etwas zugeschnitten wurden, aber nicht sehr viel. Beim ersten Bild war ich direkt sehr nah dran. Hier habe ich lediglich von Querformat auf Hochformat zugeschnitten. Bei allen Personen war ich schon bis auf 1,5-3 Metern dran. Allerdings bemerkte ich bei dem Schießen aus der Hüfte/Brusthöhe/Schulterhöhe, einen Nachteil. Als Fotograf verliere ich die Genauigkeit den Bildrahmen auszuwählen. Hätte ich durch den Viewfinder geschaut, wären mir einige Bilder mehr gelungen. Durch das Schießen "ins Blaue hinein" war ich häufig zu früh oder zu spät dran oder der Bildrahmen war trotz guten Timings nicht zufriedenstellend genug. Dennoch ist es auch heute noch eine große Hürde für mich durch den Viewfinder zu schauen, wenn ich so nah dran bin, auch wenn ich weiß, dass ich dann viel mehr Kontrolle über den Bildausschnitt habe. Mein Gefühl sagt mir, dass es dann viel zu offensichtlich ist. Doch wovor habe ich Angst? Die Reaktion der Menschen! Wie würde ich reagieren, wenn jemand 1,5-3 Meter vor mir steht, durch eine Kamera schaut, mit dem Zeigefinder auf dem Auslöser, welche auf mich gerichtet ist? Ich bleibe erstmal bei der "Sneaky-Variante". Hier noch einige weitere Beispiele:
Im Großen und Ganzen bin ich hochzufrieden mit meinen ersten Fotos dieser Art. Mir gefallen besonders Bild 4, 5, 10 und 12. Die Zonen-Autofokus Variante werde ich aber in Zukunft auf manuellen Fokus ändern. Meine Fuji zeigt mir dann gut an, welcher Bereich scharf ist. Dies ist bei Blende 8 natürlich etwas mehr als bei Blende 5.6, aber eine zu große Range brauche ich auch nicht, denn ich will ja auf 1,5 Meter oder noch näher ran.
Farbe
Street Photography in Farbe. Die Meister von damals haben ihre Fotos in Schwarz-Weiß praktiziert, aber sie hatten früher auch keine andere Möglichkeit. Mit den Farbfilmen und heute im digitalen Zeitalter erst Recht, ist die Farbe in der Street Photography sehr populär. Es gibt Verfechter sowohl für die eine als auch für die andere Richtung. Ich fotografiere zu 99% in RAW in Farbe. Ich möchte die Kontrolle darüber haben, ob ich das Bild in Farbe oder Schwarz-Weiß entwickele. Häufig bleibe ich bei schwarz-weiß, aber auch Fotos in Farbe reizen mich sehr. In Brixen gibt es viele bunte Häuser, sodass es förmlich danach schrie, auch hier Street Photography in Farbe zu machen. Das beste Beispiel ist dieses Foto, welches einer meiner Favoriten von allen Bildern aus Brixen ist. Ich zeige es aber auch in Schwarz-Weiß, um den Unterschied zu demonstrieren.
Warum funktioniert dieses Foto (für mich) so gut in Farbe? In Schwarz-Weiß sieht man, dass die blaue Wand im Hintergrund ein sehr helles Grau ist, was bis ins Weiße übergeht. Das rote Shirt der Frau ist nur ein dunkles Grau. In Farbe bildet das rote Shirt einen super Kontrast zum hellen Blau im Hintergrund. Der blaue Pullover des Mannes passt zum Hintergrund. Die braune Tür setzt einen weiteren Farbakzent im gesamten Bild. Für mich gehört dieses Foto einfach in Farbe, auch wenn es in Schwarz-Weiß jetzt nicht schlecht aussieht. In Farbe wirkt es jedoch deutlich aussagekräftiger. Mich stören ein wenig die Masken unter dem Kinn, aber wir leben in einer Zeit, in der die Masken das tägliche Straßenbild beeinflussen. Sie gehören über eine gewisse Zeitspanne innerhalb der Street Photography dazu. Wenn man sich dieses Bild in 10 oder 20 Jahren anschaut, kann man wahrscheinlich direkt sagen: "Ach ja, das muss etwa 2020 gewesen sein, zur Zeit der Corona-Pandemie".
Hier ein paar weitere Farbbilder aus Brixen:
Besonders gefallen mir Bild 1, 3 und 8. Brixen hat mir gezeigt, dass Street Photography in Farbe super funktioniert. Ich persönlich werde mich nicht auf nur eines festlegen, denn dadurch würde ich mich nur selbst einschränken. Ich genieße die Möglichkeit sowohl Farbfotos zu produzieren, als auch Fotos in Schwarz-Weiß. Natürlich funktionieren für mich von diesen Farbfotos auch einige in Schwarz-Weiß, einige wiederum aber überhaupt nicht. Hier ein Beispiel aus den oben bereits gezeigten Fotos, dass sowohl Farbe als auch Schwarz-Weiß gut funktioniert:
Dies ist ein klassisches Foto, wo ich an einem Tag das Bild in Farbe besser finde und am anderen Tag das in Schwarz-Weiß. Müsste ich mich jetzt in diesem Moment festlegen, wäre es das Bild in Schwarz-Weiß. Hier liebe ich besonders die hervorgehobenen Strukturen in den Haaren, der Stirn, das Muster ihres Blazers, die Fensterläden und das Gemäuer. 
Licht und Schatten
Wer meinen Blog verfolgt oder meine Posts auf Instagram, der weiß, dass ich eine große Vorliebe für schwarz-weiß Fotos mit Licht und Schatten habe. Auch sehr tiefe Schatten mag ich sehr gerne. In Brixen boten sich auf Grund der engen Gassen einige tolle Möglichkeiten an, meiner Vorliebe für diese Fotos nachgehen zu können. Hier half mir besonders die Tatsache, dass ich zu drei unterschiedlichen Tageszeiten jeweils in Brixen war.  So konnte ich die Sonneneinstrahlung zu verschiedenen Uhrzeiten vor allem in den kleinen Gassen beobachten. Hierdurch entstanden immer andere Schattenbilder an den Gebäudefassaden oder auf dem Boden. Hier ein Beispiel vom selben Ort zu einer anderen Uhrzeit.
Das linke Bild ist um 13:36 Uhr entstanden und das rechte Bild um 11:30 Uhr. Man kann gut erkennen, dass am Vormittag die Schatten des "zackigen" Hauses deutlich weiter links waren, was logischerweise auf den Sonnenstand zurückzuführen ist. Ein gutes Beispiel dafür zu unterschiedlichen Uhrzeiten (und auch Jahreszeiten) denselben Ort aufzusuchen, um die Sonneneinstrahlung zu beobachten.
An den drei Tagen habe noch folgende Bilder zu diesem Thema gemacht:

Urban Stuff
Wenn ich durch die Straßen einer Stadt schlendere, halte ich auch immer die Augen auf für Dinge, die auch ohne Menschen interessant sind. Das kann ein Graffiti sein, eine einsame Bank, ein Mülleimer, interessante Gegenstände, die ein Mensch hinterlassen hat und vieles andere mehr. Auch in Brixen habe ich einige solcher Dinge gefunden. Natürlich sind sie nicht so "spektakulär" wie Bilder mit Menschen, dennoch sprechen mich auch solche Bilder an.

Anything else?
Neben Bildern aus diesen vier Kategorien habe ich weitere Bilder gemacht, die sich nicht zu diesen zuordnen lassen, welche ich dennoch interessant und zeigenswert finde.
Von diesen Bildern gefallen mir persönlich besonders gut Bild 6, 7, 8 und 12. Der Ausdruck und die gleiche Pose der Familie in Bild 6 ist einfach super lustig. Als ich das gesehen habe, musste ich innerlich schon loslachen. Also schnell festgehalten und weitergegangen.
Was soll ich abschließend sagen? Brixen war aus touristischer und vor allem aus fotografischer Sicht der Hammer. Ich bin super froh, dass ich drei Mal in die Stadt gefahren bin, um Fotos zumachen. Auf einige Bilder bin ich sehr stolz. Beim Schreiben dieses Berichtes schwelge ich gerne in Erinnerung und habe jede Sekunde in dieser kleinen Stadt mit meiner Fuji genossen. Jeder der mal an Brixen vorbeikommt, sollte in dieses kleine Städtchen gehen. Mit seiner Kamera natürlich.
An einem Tag habe ich auch meine GoPro auf die Fuji gebaut und ein POV Video gedreht. Darin befinden sich natürlich nur ein Bruchteil dieser Bilder hier, aber es ist dennoch sehenswert wie ich finde.
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